7. Juni 2016 Pressekonferenzen

Deutschland muss mehr bauen – Wohnungswirtschaft zieht stabile Jahresbilanz und warnt vor Überregulierung

  • GdW-Unternehmen investieren 12 Mrd. Euro in Wohnungsbestand und Neubau
  • Wohnungsbau kommt nicht ausreichend in Schwung: Baukosten, hohe Grundstückspreise, Steuern und Abgaben bremsen bezahlbaren Neubau
  • Stadtumbau: Leerstände sinken – Schrumpfungsregionen zu wenig im Fokus
  • Wohnungswirtschaft an der Spitze der Entwicklung: stabile Mieten, weniger Mietschulden und mehr energetisch sanierte Wohnungen
  • Der GdW-Politikcheck – diese Auflagen und Regelungen verteuern das Wohnen

Berlin – Wohnen darf nicht zum Wahlkampfspielball werden. Das fordert der Spitzenverband der Wohnungswirtschaft GdW anlässlich seiner Jahrespressekonferenz in Berlin. „Die vom GdW vertretenen Wohnungsunternehmen haben ihre Investitionen in den Neubau und den Wohnungsbestand enorm gesteigert. Dennoch zeigen die bundesweiten Baufertigstellungszahlen: Das reicht bei weitem nicht aus“, erklärte GdW-Präsident Axel Gedaschko. Der GdW repräsentiert gemeinsam mit seinen Regionalverbänden als größter Branchenverband und erste Adresse für die Wohnungswirtschaft rund 3.000 Wohnungsunternehmen in ganz Deutschland. 13 Mio. Menschen leben bundesweit in Wohnungen der GdW-Unternehmen.

Der GdW-Chef forderte eine schlüssige Neubaustrategie, die nun auch endlich umgesetzt werden muss. „Der Bau bezahlbarer Mietwohnungen in den Ballungsräumen muss im Fokus der wohnungspolitischen Strategie stehen.“ Trotz der Dynamik am Wohnungsmarkt und dem günstigen Zinsumfeld werden derzeit immer noch nicht genug neue bezahlbare Wohnungen gebaut. „Die großen Hemmschuhe sind hier fehlendes oder zu teures Bauland, extrem hohe Baustandards, Steuern und Auflagen sowie das negative Neubauklima. Diese Punkte liegen jetzt schon seit längerem auf dem Tisch, doch die Umsetzung lässt auf sich warten. „Nur wenn Bund, Länder und Kommunen hier an einem Strang ziehen, kann es beim bezahlbaren Neubau aufwärts gehen“, so der GdW-Präsident.

Video-Mitschnitt der Jahres-Pressekonferenz:

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„Der letzte Wahlkampf hat gezeigt, dass irrationale Schnellschüsse wie die Mietpreisbremse nichts nützen. Mietrechtsverschärfungen tragen keinesfalls zur Entspannung am Wohnungsmarkt bei. Sie schaffen nicht eine einzige zusätzliche Wohnung und verschlechtern die Investitionsbedingungen nachhaltig. Daher sind auch die Diskussionen um ein zweites Mietrechtspaket oder die Bundesratsinitiative aus Berlin zur Verschärfung der Mietpreisbremse völlig kontraproduktiv. Anstatt sich hinter Placebo-Gesetzgebungsvorhaben zu verstecken, die besonders die sozial nachhaltigen Vermieter schädigen und den Mietern nichts nützen, sollte sich die Politik mit der Wurzel des Übels befassen: Wir brauchen mehr bezahlbaren Wohnungsneubau in den Ballungsregionen, ohne dabei die Bedürfnisse der Schrumpfungsregionen aus den Augen zu verlieren“, so Gedaschko.

Neubauinvestitionen auf Rekordhoch – Mieten stabil…

Die im GdW und seinen Regionalverbänden organisierten Wohnungsunternehmen haben im Jahr 2015 fast 12 Mrd. Euro in die Bewirtschaftung und den Neubau von Wohnungen investiert. Das sind über 9 Prozent mehr als im Vorjahr. Der Aufschwung wird durch das Rekordhoch beim Wohnungsbau getragen. Die GdW-Unternehmen investierten 2015 knapp 4,2 Mrd. Euro in den Bau von Wohnungen. Das sind 10,7 Prozentpunkte und damit über 400 Mio. Euro mehr als im Vorjahr. Die Nettokaltmieten liegen bei den GdW-Unternehmen im Bundesdurchschnitt bei 5,36 Euro/m² und damit deutlich unter dem Durchschnitt der bundesweiten Bestandsmieten, der bei 5,71 Euro/m² liegt. „Unsere Unternehmen sind die automatische Mietpreisbremse am Wohnungsmarkt“, so Gedaschko.

…aber: es gibt pro investiertem Euro weniger Wohnungen als zuvor

Die Neubauzahlen zeigen nach oben, die Baukosten aber leider auch. „Konnte man ein durchschnittliches Mehrfamilienhaus im Jahr 2000 für 1.739 Euro pro Quadratmeter (ohne Grundstückskosten) erstellen, ist dies heute in den TOP-Standorten nur noch für 3.190 Euro pro Quadratmeter möglich. Das bedeutet: Für den gleichen Geldbetrag gab es im Jahr 2000 preisbereinigt 10 Einheiten Wohnen – 2016 dagegen nur noch 7,8. Das ist ein Grund, warum die Wohnungsunternehmen trotz aller Bemühungen den Bedarf an bezahlbaren Neubauwohnungen in den Ballungsgebieten nicht decken können. „Es führt kein Weg daran vorbei, die Rahmenbedingungen für den bezahlbaren Wohnungsneubau zu verbessern“, appellierte Gedaschko an die Politik. Die ersten Schritte sind mit den Ergebnissen des Bündnisses für bezahlbares Wohnen und der Baukostensenkungskommission getan, aber die Umsetzung lässt derzeit noch auf sich warten. „Fehlendes Bauland, unflexible Standards, steigende Grunderwerbsteuern und zu lange Genehmigungs- und Planungsverfahren stehen uns im Weg. Sollte sich hier nicht zügig etwas ändern, werden die Neubauzahlen trotz des vermeintlichen Anstiegs bei weitem nicht an das heranreichen, was eigentlich gebraucht wird“, analysierte Gedaschko.

Deutschland droht die demografische Spaltung…

Während zahlreiche Großstädte rasant wachsen und Wohnungen dort immer rarer und teurer werden, verlieren viele ländliche Regionen – in Ost-, aber auch in Westdeutschland – ungebremst Einwohner und werden immer unattraktiver. Eindeutige Gewinner der Binnenwanderung sind lediglich 30 kreisfreie Großstädte, die sogenannten ‚Schwarmstädte‘. Dort hat sich die Zahl der jungen Einwohner aus den Geburtsjahrgängen 1973-1993 in nur fünf Jahren (2008-2013) mehr als verdoppelt. Um Schrumpfung und Attraktivitätsverlust in ländlichen Regionen aufzuhalten und die Lebensqualität dort langfristig zu sichern, muss die Städtebau- und Regionalförderung stärker auf Schrumpfungsregionen konzentriert und die politische Agenda stärker auf die Förderung gleichwertiger Lebensbedingungen ausgerichtet werden.

…deshalb: Wohnstrategie des GdW jetzt umsetzen!

Der Wohnungsmarkt in Deutschland braucht stabile Rahmenbedingungen für alle Marktteilnehmer. Dazu müssen auf der einen Seite die Bedingungen für Investoren so verbessert werden, dass diese zu bezahlbaren Mieten neuen Wohnraum schaffen können. Auf der anderen Seite darf man aber die Regionen, in denen Wohnungsleerstand ein großes Problem ist, nicht aus den Augen verlieren. Die Wohnstrategie der Wohnungswirtschaft:

  1. Kommunen sollten städtische Grundstücke grundsätzlich nach Konzeptqualität und nicht im Höchstbieterverfahren vergeben.
  2. Planungs- und Genehmigungsverfahren müssen in einem angemessenen Zeitraum abgeschlossen werden.
  3. Bund, Länder und Kommunen sollten weitere Steuerbelastungen vermeiden.
  4. Grunderwerbsteuer in Wachstumsregionen absenken.
  5. Steuerliche Normalabschreibung (AfA) von 2 auf 3 Prozent erhöhen.
  6. Der Bund sollte eine Sonder-Abschreibung für den sozialen Wohnungsbau zulassen und dazu den früheren Paragraphen 7k des Einkommensteuergesetzes wieder einführen. Darüber hinaus sollte es eine gleichwertige Investitionszulage für alle Unternehmen geben, die die Sonder-Afa nicht nutzen können.
  7. Die soziale Wohnraumförderung muss angesichts des notwendigen Neustarts beim sozialen Wohnungsbau ab 2017 und über 2019 hinaus auf insgesamt 3 Mrd. Euro – jeweils 1,5 Mrd. Euro an zweckgebundenen Bundes- und Landesmitteln – aufgestockt werden. Die soziale Wohnraumförderung muss Gemeinschaftsaufgabe von Bund und Ländern bleiben.
  8. Energetische Anforderungen nicht durch einzelne Landesgesetze weiter verschärfen.
  9. Den drastischen Anstieg der Mietnebenkosten – Energie, Wasserversorgung, Müllbeseitigung und Grundsteuer – begrenzen.
  10. Die erfolgversprechenden Ergebnisse der Baukostensenkungskommission der Bundesregierung schleunigst umsetzen.
  11. „Neubauklima“ in der Bevölkerung fördern – alle möchten mehr Wohnraum in Ballungsregionen – aber möglichst nicht in der eigenen Nachbarschaft oder auf dem Grundstück gegenüber. Wir brauchen eine klare politische Schwerpunktsetzung für mehr Neubau und Unterstützung für eine sachgerechte öffentliche Debatte zur Wohnungspolitik. Es gehört zur Führungsverantwortung eines jeden Bürgermeisters, sich für eine funktionierende Wohnungspolitik und den Wohnungsneubau in Boom-Regionen einzusetzen.
  12. Den altersgerechten Umbau angemessen fördern. Der Bund muss das KfW-Programm „Altersgerecht Umbauen“ jährlich weiter steigern und mittelfristig mit jährlich 100 Mio. Euro ausstatten. Investitionszuschüsse müssen endlich auch für die Wohnungsunternehmen geöffnet werden. Zudem sind gemeinsam mit den Bundesländern die Erstellung und Weiterentwicklung kommunaler Demografiekonzepte zu forcieren.
  13. Schub für die energetische Gebäudesanierung: Eine steuerliche Förderung und die Aufstockung der KfW-Programme für energieeffizientes Bauen und Sanieren auf insgesamt 3 Mrd. Euro jährlich durch den Bund sind notwendig.
  14. Modernisierungsmaßnahmen nicht durch Einführung von extrem investitionsschädlichen Regelungen im Zuge des zweiten Mietrechtspakets behindern.
  15. Städtebau- und Regionalförderung stärker auf Schrumpfungsregionen konzentrieren, um Schrumpfung und Attraktivitätsverlust in ländlichen Regionen aufzuhalten und Lebensqualität dort langfristig zu sichern.

Die Pressemappe zum Download:

Pressemitteilung mit Grafiken 650.5 kB

Praesentation 2.25 MB

FAVORIT_URB_0025 Andreas Schichel Leiter Pressestelle & Pressesprecher +49 30 82403-150

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